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Schmerzhafte Geißelung – Geisel des Schmerzes
Flagellation im Kontext des BDSM
Das Fremdwort Flagellation kommt aus dem Lateinischen. Flagellum bedeutet Geißel, daher auch die synonyme Bezeichnung Geißelung. Das zur Auspeitschung benutzte Instrument muss hierbei auch nicht zwingend eine Peitsche sein. Auch eine Birkenrute, der als Zuchtinstrument vergangener Schulzeiten berühmt-berüchtigte Rohrstock oder etwaige andere Gegenstände können hierfür benutzt werden.
Das gleichklingende Wort Geisel hat zwar von seiner Wortherkunft her nichts mit der Geißel zu tun, aber das Opfer (Sub) ist dem Täter (Dom) und seiner Geißel vergleichbar ausgeliefert wie die Geisel dem Erpresser. Der Dominierte ist gewissermaßen die Geisel der Geißel. Und damit natürlich auch die Geisel des Geißelnden.
Schmerz ist der beste Lehrmeister – Fügung durch Züchtigung
In der zivilisierten modernen Welt gehört die ungewollte Züchtigung durch Auspeitschung glücklicherweise der Vergangenheit an. Bei Pferden benutzen die Reiter auch immer noch eine Gerte, um lahmende Tiere dazu zu zwingen, sich in Bewegung zu setzten. Vor fünfzig Jahren – und natürlich immer noch in manchen Teilen der Welt – war die Flagellation jedoch noch eine beliebte Erziehungs- und Bestrafungsmethode. Und das nicht nur für Foltermeister und Diktatoren.
Auch Pfarrer, Lehrer und leider auch nicht selten die eigenen Eltern schlugen Männer, Frauen und auch Kindern mit peitschenartigen Waffen teils gravierende Narben in den Rücken, um der ausgepeitschten Person klar zu machen, wer das Sagen hat. Jedoch ist auch die freiwillige Flagellation und der daraus resultierende Lustgewinn in religiös verkappter Form als Autoflagellation (Selbstgeißelung) historisch belegt.
Zuckerbrot und Peitsche – Schmerz als Lustgewinn
Peitschen gehören zum Pflichtinventar eines jeden gut sortierten Fetischgeschäftes und Folterkellers. Gemeinsam mit Handschellen, Fesseln und Latex sind sie das dominanteste Symbol des BDSM. Derjenige, der im Besitz der Peitsche ist und von dieser Gebrauch macht, ist zwangsläufig auch der dominante Sexualpartner. Derjenige, der ausgepeitscht wird, ist somit der unterlegene Sexualpartner. Die sexuelle Erregung des Geislers entsteht hierbei durch den sadistischen Lustgewinn durch das Zufügen von Schmerzen. Jene des Gegeißelten durch den masochistischen Lustgewinn durch das Erleiden von Schmerzen.
Nicht selten wird der oder die Bottom beim Auspeitschen auch mit Seilen gefesselt, mit Handschellen angebunden und/oder von dem oder der Top an der Leine gehalten. Die Aufgeilung am Ausüben von Macht beziehungsweise am Erleiden von Ohnmacht begünstigt hierbei den sadomasochistischen Lustgewinn zusätzlich. Nicht selten verwendet der dominante Sexualpartner die Auspeitschung auch als Drohung, wenn der Dominierte bestimmten Aufforderungen sexueller Natur in den Augen des Dominierenden nicht oder nur unzureichend nachkommt. Diese Machtspielchen sorgen bei vielen BDSM-Praktizierenden für zusätzliche sexuelle Erregung.
Grenzen der akzeptablen Auspeitschung
Körperverletzung, Nötigung, Vergewaltigung
Damit man von BDSM und nicht von Vergewaltigung und somit von einem Fetisch und nicht von einer Paraphilie sprechen kann, müssen einige Grenzen bei der Flagellation dringend eingehalten werden.
Erstens muss die Auspeitschung sowohl im Sinne des dominanten als auch des unterlegenen Sexualpartners erfolgen. Wer hier sicher gehen will, dass er nachher nicht der Nötigung oder gar der Vergewaltigung bezichtigt wird, sollte sich dies vor dem ersten Auspeitschen schriftlich absegnen lassen ("Körperverletzung mit Einverständnis"). Zweitens darf der Ausgepeitschte keine dauerhaften körperlichen Schäden durch die Geißelung erleiden, selbst wenn er oder sie das ausdrücklich fordert.
Der Lustgewinn durch das Erleiden oder Zufügen von Schmerzen ist zwar nicht zwangsläufig eine psychische Störung. Jener durch Verletzung (oder schlimmstenfalls sogar durch Verstümmelung) jedoch schon. Gibt man dem Wunsch des Subs auch dann nach, macht man sich des sexuellem Missbrauches schuldig. Wenn solche Wünsche aufkeimen – egal ob vom Dom oder vom Sub – sollten alle Beteiligten dringend einen Sexualtherapeut konsultieren. Am besten gemeinsam. Wenn obige Grenzen eingehalten werden, ist die Flagellation eine interessante und erotische Bereicherung des heimischen wie auch des professionellen Repertoires an Sexualpraktiken. Nicht selten bringt das Schwingen der Peitsche auch neuen Schwung in ein etwas eingestaubtes Sex- und/oder Beziehungsleben.