Perverse Ortsnamen: Von Blasendorf bis Wichsenstein

Von Stephan Gubenbauer
Voraussichtliche Lesedauer: 3 Minuten
Perverse Ortsnamen: Von Blasendorf bis Wichsenstein
Perverse Ortsnamen: Von Blasendorf bis Wichsenstein

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Die spinnen, die Deutschen

Perverse Ortsnamen sind hierzulande keine Seltenheit

Blasendorf, Busenbach, Eichelhardt, Fickmühlen, Geilenkirchen, Hodenhagen, Luderbach, Mösendorf, Nackterwäldchen, Oberbillig, Petting, Poppenbüll, Poppenhausen, Poppenreut, Puffthal, Tittenkofen, Tuntenhausen, Vögelsen, Wichsenstein, Wixhausen. Dies sind nicht etwa die Titel von 20 Hardcore-Pornos, sondern tatsächlich die amtlichen Namen von 20 Ortschaften deutschsprachiger Länder. Dass diese Städte und Dörfer perverse Ortsnamen schon seit Ewigkeiten tragen, klingt zunächst erst recht kurios. Aber dieser Fakt dient auch der Erklärung dieses Phänomens deutscher Ortsnamen.


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Perverse Ortsnamen: Von Blasendorf bis WichsensteinSind perverse Ortsnamen des Kaisers neue Pornos?

Warum ficken, poppen und wichsen früher keine Tabuwörter waren

Was diese Orte außer ihrer Zweideutigkeit noch gemeinsam haben? Sie alle haben besagte sexuelle Konnotation erst im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte erhalten. Das umgangssprachliche Wort »ficken« bedeutete ursprünglich nämlich nur »hin- und herbewegen« oder »vor- und zurückbewegen«. »Poppen« gab es nur im Sinne von »aufpoppen« oder aber »beeindrucken« bzw. »effektiv sein«. Unter »wichsen« verstanden deutsche und vor allem österreichische Bauern »schlagen« oder »prügeln«, insbesondere in der Landwirtschaft.

Perversierung altdeutscher Ausdrücke

Im Zuge der Enttabuisierung von Sex und Sexualität: Als ab etwa 1650 mit der intellektuellen Aufklärung auch die sexuelle Aufklärung zunehmend an Fahrt gewann, wurden Sex und Erotik auch mehr und mehr zum Gesprächsthema, insbesondere bei jungen Männern. Um darüber zu reden, brauchten unsere Vorfahren aber natürlich auch einen halbwegs sinnvollen Fachwortschatz. Deren Vorfahren wiederum haben jecoch – wenn überhaupt – über Sex nur indirekt und implizit gesprochen.

Um nicht auf Wörter wie »Erdbeermund« für die Scheide und »Ehevollzug« für Geschlechtsverkehr zurückgreifen zu müssen, gaben sie eigentlich eindeutig nicht zweideutigen Wörtern besonders aus der Bauernsprache eine sexuelle Bedeutung. Im Laufe der Jahrhunderte und insbesondere auch aufgrund der Industrialisierung gingen dann die ursprünglichen Bedeutungen dieser Worte verloren.

Perverse Ortsnamen: Von Blasendorf bis WichsensteinBei meiner Oma hieß das noch Fickmühle!

Die symbiotische Entwicklung von Sprache und Sexualität: Am Beispiel der Perversierung ursprünglich harmloser Ortsnamen zeigt sich eindrücklich, wie gewichtig der Einfluss von Sexualität auf unsere Sprache war und immer noch ist. Doch wenn man den historischen Kontext berücksichtigt, erkennt man, dass auch umgekehrt die Sprache als wichtigstes Merkmal zwischenmenschlicher Intelligenz einen bedeutenden Beitrag zur Befreiung der menschlichen Sexualität geleistet hat. Dass eigentlich langweilige Ortschaften hierfür aufgrund ihres Namens in Verruf geraten sind, war das sicherlich mehr als wert.

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