Autonomie und Abhängigkeit in der Sexualität
Der Begriff des Sexualitätsdilemmas führt tief hinein in die Triebtheorie und damit in die Psychoanalyse. Das tiefere Konzept, das sich hinter dem Begriff verbirgt, ermöglicht eine fundierte Erklärung für Erscheinungen wie Frauenfeindlichkeit (Misogynie), Sexismus und Antifeminismus. Zumindest aber bietet er Ansätze, um diese Phänomene besser verstehen zu können.
Das Sexualitätsdilemma ist in erster Linie ein Thema, das Männer betrifft. Häufig ist deshalb auch von einem Männlichkeitsdilemma die Rede. Die Leidtragenden dieses Dilemmas sind aber in erster Linie Frauen, die gewissermaßen die Auswirkungen zu spüren bekommen. Insofern ist das Sexualitätsdilemma natürlich auch ein Frauenthema. Um was geht es dabei? Zunächst einmal sollte einem klar sein, dass der Begriff etwas mit der auf Sigmund Freud zurück gehenden Psychoanalyse zu tun hat.
Sie bildet gewissermaßen das theoretische Konzept, ohne das das Sexualitätsdilemma nicht zu verstehen ist. Darüber hinaus wird damit aber auch ein sozialpsychologische Problem beschrieben, da von diesem Dilemma das Zusammenleben und die Interaktion von Menschen betroffen ist. Begriff und Konzept des Sexualitätsdilemmas gehen denn auch auf den deutschen Sozialpsychologen Rolf Pohl und sein Buch "Feindbild Frau" zurück.
Das Sexualitätsdilemma auf den Punkt gebracht
Mindestens die westlichen Gesellschaften sind stark von der Hegemonie des Mannes geprägt. It's a man's world, Männer sind das starke, das autonome und herrschende Geschlecht. Gleichzeitig aber besteht für den scheinbar autonomen Mann stets auch eine starke Abhängigkeit von Frauen. Das beginnt schon bei der Frau als Mutter, ohne die das männliche Kleinkind überhaupt nicht existieren würde, und endet beim Begehren von Frauen.
Anders ausgedrückt: Der Mann kann nicht ohne Frau. Das Begehren von Frauen wird bei heterosexuellen Männern als starke Abhängigkeit empfunden, die in der Regel dem männlichen Selbstbild widerspricht und daher unterbewusst zu Abwehrreaktionen führt. Genau das ist dann das Sexualitätsdilemma. Im schlimmsten Fall kann dieser Kampf zwischen Autonomie und Abhängigkeit bei Männern dazu führen, dass sie gewalttätig gegenüber Frauen werden.
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Das Sexualitätsdilemma erklärt darüber hinaus, warum sich Männer häufig verbal frauenfeindlich verhalten. Wichtig in diesem Zusammenhang ist vor allem auch die Erkenntnisse, dass diese Prozesse unterbewusst verlaufen und vom Mann nicht ohne Weiteres erkannt werden können.
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